Manchmal darüber reden, tut einfach gut!

Manchmal darüber reden, tut einfach gut!

Einen lieben Menschen durch Tod zu verlieren kann ein enormer Einschnitt in das eigene Leben sein. Gefühle überrollen uns und man fragt sich – werde ich das je schaffen? Werde ich je wieder glücklich werden? Wie werde ich meine Stunden ohne den Liebsten verbringen? Hat mein Leben so überhaupt noch Sinn? Vielleicht empfindet man auch Wut. Warum hat sie mich einfach auf dieser Welt alleine gelassen, mit all den Schulden und dem Ärger? Warum nicht ich, ich wäre lieber auch gleich mit gegangen...

Wir alle brauchen Jemanden, mit welchem wir über solche oder ähnliche Gefühle reden können. Ein offenes „Ohr“, ein Zuhörer, der mit ganzem Herzen da ist, ohne zu verurteilen oder kritisieren.

Meistens finden man diese Zuhörer nicht in der Familie oder bei den ganz engsten Freunden, weil diese selber mittrauern und mit ihren Gefühlen zu kämpfen haben. Wo und wie findet man also diese Zuhörer, die nichts sagen und einfach nur zuhören?

Hier kommt die Lösung: Wenn Jemand fragt: „lass es mich wissen, wenn ich etwas für Dich tun kann“. Sagen Sie ruhig: Es würde mir gut tun, wenn Du mir vielleicht einmal zuhörst, wenn es mir ganz schlecht geht. Sie werden bestimmt die Antwort erhalten: „Selbstverständlich, melde Dich einfach bei mir, ich will für Dich da sein!“.

Oder gibt es da vielleicht eine alte Freundin die man schon lange nicht mehr gesehen hat? Wie zum Beispiel bei Judith und ihrer Mutter. Judith’s liebste Mutter und engste Freundin ist kürzlich verstorben. Mutter und Tochter haben jeweils jeden Tag miteinander telefoniert und alles miteinander ausgetauscht. Judith hatte mit ihrer Mutter immer ein liebes, offenes und ehrliches Ohr am anderen Ende der Leitung. Und jetzt ist dieser liebste Mensch einfach weg! Barbara ihre alte Schulfreundin erfuhr vom Tod und rief Judith an um ihr zu kondolieren.  Barbara zog vor längerem in eine andere Stadt und der Kontakt der beiden Frauen war dadurch schon länger abgebrochen. Barbara war auch alleine, sie war nie verheiratet und ihre Eltern starben schon als sie ein Teenager war. Die zwei Freundinnen vereinbarten einen Kaffe-Termin in der Mitte des Weges, in einem netten und ruhigen Restaurant.

Barbara hatte ein offenes Ohr und war einfach nur da – ohne Vorurteile, ohne Kritik, einfach nur da. Sie trafen sich danach öfters oder telefonierten fast täglich. Judith fühlte sich zuerst etwas egoistisch, weil sie dachte, so viel an Aufmerksamkeit von ihrer Freundin Barbara zu erhaschen und kaum etwas zurück geben zu können. Später erklärte Barbara ihr, dass es ihr so gut getan hätte, ihrer Freundin beizustehen. Sie hatte auf einmal eine neue Aufgabe, die ihr selber das Gefühl gegeben hat, nützlich zu sein. Inzwischen gehen die beiden Frauen auf Wanderungen und reisen um die halbe Welt miteinander.

Ein ehrliches und liebes „Ohr“ zu haben, dem man einfach nur erzählen darf, ist ein grosses Geschenk. Wenn Sie selber kürzlich einen schweren Verlust durch Tod eines lieben Menschen erlitten haben, dann wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie auch ein solches „Ohr“ gefunden haben oder bald finden werden.

Herzlichst,
Ihre Sandra Ulrich,
Trauerberaterin & Coach
Redaktion www.trauer-tod.ch